Ein interessantes Buch, daß Gedanken zu Europas Zukunft vorstellt.
Ich habe bisher noch keine Rezension eines Buches gewagt, will das aber jetzt mal versuchen:
Es geht um die Hauptfigur Francoise, Professor für Literaturwissenschaften an der Sorbonne, der so in den Tag hineinlebt, zunächst, nach huellebecqscher Manier mit pornografischen Schilderungen garniert. Eines Tages stehen Präsidentschaftswahlen an. Um die als sicher geltende Wahl Marine Le Pens zu verhindern schließen sich Hollandes agonierende Sozialisten mit den bürgerlichen Rechten zusammen und heben den Muslimbruder Bel Abbes auf den Kandidatenschild, der dann auch gewählt wird. Bald schließen die Unis auf Geheiß der Saudi-Araber, die sofort als generöse Geldgeber auftreten, um die Unis bald darauf wieder zu öffnen. Allen männlichen Lehrkräften wird ein Angebot gemacht, mit dem mehrfachen Gehalt wieder zu lehren und anderen, die das nicht wollen wie Francoise, in einen üppig ausgestatteten Ruhestand schicken.
Francoise' Freundin, die Jüdin Mariam (osä) eröffnet ihm, mit ihren Eltern, die sich in Frankreich nicht mehr sicher fühlen, nach Israel auswandern zu wollen, denn auch für Frauen ist kein Platz mehr an den Unis. In einer Szenekneipe trifft er einen Bekannten, der ein prominenter "Identitärer" ist oder sein soll und versucht ihn auszuhorchen, ob ein Bürgerkrieg geplant ist. Der aber hält sich bedeckt und tatsächlich findet sowas bis auf kleinere Scharmützel in Brennpunktvierteln nicht statt. Der Bekannte "Identitäre" führt den beziehungsvollen Namen Lempereur. Francoise entschließt sich nach einiger Zeit der Ziellosigkeit, wieder in den Unibetrieb einzusteigen, was ihm sein ehemaliger Unipräsident Rediger empfiehlt mit dem er ausgedehnte Gespräche über die neuen Verhältnisse führt, die SEHR interessant sind. Wie sich herausstellt, ist Rediger inzwischen oder bereits vorher, weil er Entwicklungen hat kommen sehen, zum Islam konvertiert, führt Francoise in seinen islamischen Haushalt mit vier Frauen ein, von denen "eine Vierzigjährige für die Küche", eine Fünfzehnjährige für das andere Eheleben und zwei dazwischen für Ebendas "vorhanden" sind. Rediger setzt Francoise bei einem opulenten Essen seine Sichtweise seiner Konversion zum Islam auseinander, indem er das Universum und seine Herrlichkeit, den menschlichen Geist usw. als Gottesbeweis anführt. Das alles könne, so Rediger, nicht aus Zufällen entstanden sein. Als Beweis dazu führt er den Schimpansen an, dem man eine Schreibmaschine gibt und hofft, daß er EINES Tages eine shakespearisches Werk vollbringt, weil doch auch das Universum nach Meinung Nichtreligiöser per Zufall entstanden sein soll.
Er, Rediger ist voller Bewunderung für den neuen muslimbruderschaftlichen französischen Präsidenten, der der Theorie des Distributismus anhängt als dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Eine interessante Sache, dieser Distributismus, soweit ich das beurteilen kann. Mal nachgoogeln!
Ob Francoise auch zum Islam übertritt ist mir nicht recht klar geworden, vielleicht habe ich da etwas überlesen, bin kein literarischer Analytiker.
Jedenfalls ist die Annahme, die zunächst Platz griff, daß Huellebecq den Islam kritisiert haben soll mit dem Werk "Unterwerfung", kann man mE nicht aufrechterhalten und wird auch kaum heute noch erhoben.
Huellebecq hat jedenfalls eine äußerst pessimistische Sicht auf das heutige Europa, dem er keine Zukunft vorhersagt.
Vielleicht, der Verdacht kam mir beim Lesen, ist es Absicht des Autors, den desolaten Zustand der franzölsischen Sozialisten, an denen er kein gutes Haar läßt, anzuprangern. Er sagt irgendwo, wenn Hollande ein zweites mal als Präsidentschaftskandidat angetreten wäre, hätte niemand den Bürgerkrieg verhindern können.
Die einzige Schwäche des Buches ist mE, daß die populistische Rechte unter Marine Le Pen, nichts gegen den islamischen Präsidenten unternommen hat und auch Armee und Polizei stillgehalten haben, wie der Autor postuliert, aber das kann man auch unter dichterische Freiheit verbuchen.
Was meint ihr dazu? Hat jemand das Buch gelesen? Wenn ja, wie seht ihr das? Ist das auch auf Deutschland übertragbar?
Er hat nach dem Attentat ausgesagt, dass es eine Fiktion ist und dass es sich keineswegs um ein islamkritisches Buch handelt. Offensichtlich stimmt das, denn es sind keine Übergriffe bekannt. Ich werde es nicht kaufen. Da reichen mir meine eigenen Erkenntnisse schon aus.
Zitat von Bin Online im Beitrag #2Danke für die nette Rezension, empfiehlst Du das Buch? Ich bin noch am überlegen, ob ich es mir kaufe.
Ja, unbedingt! Es ist, da Hardcover, recht teuer mit über 20 Euronen, aber auf jeden Fall lesenswert.
Gleichwohl hatte ich bei der Lektüre manchmal den Eindruck, der Autor übe sich in Satire, aber das Thema ist jedenfalls hochbrisant und die Gedanken, die sich Huellebecq macht, sind klug und bedenkenswert.
Zitat von Einherier im Beitrag #4Ja, unbedingt! Es ist, da Hardcover, recht teuer mit über 20 Euronen, aber auf jeden Fall lesenswert.
Gleichwohl hatte ich bei der Lektüre manchmal den Eindruck, der Autor übe sich in Satire, aber das Thema ist jedenfalls hochbrisant und die Gedanken, die sich Huellebecq macht, sind klug und bedenkenswert.
Vor drei Minuten Deine Empfehlung gelesen und der Roman befindet sich bereits auf meinen Kindle, für 18,99
Wann ich damit Anfange weiß ich noch nicht, ich hab gerade noch einen Krimi von Cora Stephan in Arbeit und im Anschluss steht das neue Buch von Monika Bittl in der Warteschleife aber dann ist gleich die Unterwerfung dran.
Ich weiß es auch nicht! ich frage mich gerade. ob hier überhaupt einer ein Interesse hat.
Interesse schon, immer. Aber die Zeit... Während unserer Urlaube mutiere ich regelmäßig zur Leseratte. Aber wann hat man schon mal ausgedehnten Urlaub, so dass man auch mal mit zwei, drei Büchern durchkommt? Einmal p. a. vielleicht? Oder es kommt doch wieder etwas anderes dazwischen?
Zitat von Riddick im Beitrag #10Zumindest nicht an diesem Buch. Es kann nicht jedermanns Geschmack sein.
Bücher lesen ist immer Geschmacksache mMn.
Mein Beispiel ist stets Grass, Günter. Die meisten heben ihn in den Himmel, weil er so schön links ist und das dem Zeitgeist entspricht. Ich mag seine Werke nicht und ich mag IHN nicht, weil der Mann unwahrhaftig ist!