„Lebenslang freigesprochen“, titelte Der Spiegel einen Beitrag von Gisela Friedrichsen. Sie schildert aktuelle Wendungen über einen Mord im Jahre 1981. In einem nahe Celle gelegenen Wald fand man ein grauenhaft zugerichtetes, ermordetes 17-jähriges Mäd- chen, Frederike von Möhlmann. Vergewaltigt und mit einem Dutzend Messerstiche mit einer zweischneidigen Klinge auf brutalste Art und Weise ermordet.
ZitatG. Friedrichsen, SPIEGEL: „Schließlich muss der Mann der Sterbenden die Kehle durchgeschnitten haben. Der Hals war bis zur Wirbelsäule durchtrennt, eine tiefe, klaffende Wunde von 22 Zentimeter Länge reichte von einem Ohr zum anderen. Feingewebliche Untersuchungen bestätigten die Annahme der Ermittler, dass das Gewaltgeschehen mit diesem Halsschnitt endete.“
Der mutmaßliche Täter wurde in einem Indizienprozess 1983 freigesprochen, die Tat liegt heute 34 Jahre zurück.
ZitatNDR.de: Der heute 56-Jährige wird 1982 vom Landgericht Lüneburg zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof allerdings hebt das Urteil auf. Das Verfahren geht zurück an das Landgericht, diesmal nach Stade. Das Urteil: Freispruch.
Jahrzehntelange akribische Beobachtung und Begleitung des Opfer-Vaters Hans von Möhlmann, den der Mord an seiner Tochter selbst aus der Bahn geworfen hat, mit Blick auf neue forensische Methoden und Kriminaltechniken, führten schließlich zu neuen Ermittlungen und Ergebnissen, die man mithilfe von DNA-Analysen 2013 ge- wann. Es stellte sich heraus, dass der einst freigesprochene Täter tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit doch der Mörder von Frederike ist. Doch nach 30 Jahren verjährt selbst eine solch schwere Straftat, wenn der Beschuldigte kein Geständnis ablegt.
Nun versuchen der Vater und dessen Anwalt über den Weg eines zivilrechtlichen Ver- fahrens den Mörder doch noch einer gerechten Strafe zuzuführen.
Beruft sich der Beschuldigte jedoch auf die Einrede der eingetretenen Verjährung nach Freispruch von einst, hat auch ein Zivilverfahren absehbar keinen Erfolg.
ZitatNDR.de: Es gibt allerdings noch eine nicht-juristische Komponente, auf die Hans von Möhlmann und Wolfram Schädler bauen: das Gewissen. "Nun liegt es in der Hand des Täters", sagt Schädler. Die Klage sei ein Appell an den Mann, sich dem Mord-Vor- wurf zu stellen. Sollte dieser die Tat gestehen, dann könnte sogar ein Verfahren wegen Mordes wieder aufgenommen werden.
An des Mörders „Schuldbewußtsein in Reue“, um sich damit selbst ans Messer zu liefern, wäre allerdings naiv zu glauben, meine ich. Denn verspürte er in den vergangenen Jahren eine solche Reue, hätte er sich doch auch jederzeit freiwillig stellen können.
Fazit aus meiner Sicht: Können Beweise in solchen Fällen „zu spät“ kommen? Hebelt unser Recht mithin Gerech- tigkeit, der es dienen soll, aus, z. B. mit Verjährungsfristen, die zu kurz gefasst sind? Ent- schulden sich überführte Mörder der Tat(en), indem sie einst fälschlich freigesprochen wurden, nur weil zwischen Vorlage neuer hieb- und stichfester Beweise und der Tat selbst bereits ein Tag mehr als 30 Jahre liegen? Oder etwa, weil ein Täter nicht noch einmal wegen etwas angeklagt werden kann, für das er schon freigesprochen worden ist? Selbst dann, wenn Mord nach bestehendem Recht nicht verjähren könne? Hier widerspricht sich das Recht selbst, weil es Fehlurteile und richterlichen Irrtum von vorne herein ausschließt.
Wie beurteilen Sie, Ihr eine solche Rechtslage? Geht die Gerechtigkeit nicht vor einem zu mil- den Recht, in dieser Beziehung? Ich meine schon. Ich bin der Ansicht, dass unser Recht an dieser Stelle im Sinne der Gerechtigkeit reformiert werden muss, und zwar konkret in der Hinsicht, dass auch Justizirrtümer nicht alleine durch Verjährungsfristen und dem Grundsatz, dass einem später überführten Täter nicht zum zweiten Mal ein Prozess für die gleiche Tat gemacht werden dürfe, korrigiert und Täter bestraft werden müssen. Der Gerechtigkeit an- gemessen.
Zitat von Händisch im Beitrag #2Niemand eine Meinung dazu??
Es MUSS tatsächlich was von den verantwortlichen Politikern getan werden. Aber diese haben entweder nicht den Arsch- wie bei so vielen anderen Gesetzeslücken- in der Hose oder aber ihre FACHLEUTE im Hintergrund sind verschlafene Sesselpupser, die dicke Kohle kassieren und den lieben langen Tag Fachchinesisch brabbeln.
Aber was Recht ist und was Rechtsempfinden ist, ist ja "eindeutig" in unseren Gesetzen geregelt.
Recht ist das, was der Richter sagt und Rechtsempfinden ist das, was wir beide haben.
RECHT HABEN UND RECHT BEKOMMEN IST ZWEIERLEI. l e i d e r
Zitat von Händisch im Beitrag #2Niemand eine Meinung dazu??
Es MUSS tatsächlich was von den verantwortlichen Politikern getan werden. Aber diese haben entweder nicht den Arsch- wie bei so vielen anderen Gesetzeslücken- in der Hose oder aber ihre FACHLEUTE im Hintergrund sind verschlafene Sesselpupser, die dicke Kohle kassieren und den lieben langen Tag Fachchinesisch brabbeln.
So ist es! Dazu auch die schließenden Worte der Frau Friedrichsen in Ihrer Kommentierung dieses Falles im Spiegel hinsichtlich der Chancen dieses Zivilverfahrens und der Reue des Täters:
Zitat Friedrichsen: „Ein heikles Unterfangen, an das sich kaum ein Jurist heranwagt. Sein Ausgang ist zur- zeit völlig offen. Der Gesetzgeber, der sonst mit dem populären Schlagwort des „Opferschutzes“ fix bei der Hand ist, hält sich hier bedeckt. 2007 haben Nordrhein-Westfalen und Hamburg einen Gesetzesantrag in den Bundestag eingebracht mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Wideraufnahme rechtskräftig abgeschlossener Strafverfahren zu erwei- tern – eine Reform, die sich angesichts neuer technischer Untersuchungsmethoden aufdrängt.
Doch der Reformeifer erlahmte rasch. Im Mai 2010 wurde die Vorlage dem Rechtsausschuss zur Beratung des Bundestages zugewiesen. Seitdem hat man nichts mehr davon gehört.“
Aussitzen und abwarten. Wobei dieses Abwarten und Teetrinken bestimmt KEINE Lösung darstellt und die "Experten" ja auch noch andere Gesetzesvorlagen zu meistern haben.
Wäre hier eine entsprechende LOBBY- die es ja für JEDEN Scheißdreck gibt- dann sähe es in diesen Fällen anders aus. Aber hier kann man sich keine goldene Nase verdienen und deshalb bleibt es so wie es ist: B E S C H I S S E N !!!
Das Problem ist der rechtskräftige Freispruch, nicht die Verjährung.
Es ist eine Abwägung und wir urteilen nun aus der Haltung der Gewißheit. In anderen Fällen würden wir das Leid beklagen, das man einem Unschuldugen antut.
Es ist ein Fall, wenn auch ein bitterer.
Urteile sind immer von der Überzeugung der Richter abhängig. Kann es da ein objektives Verfahren geben? Nein!
Was auszuschließen ist, ist Willkür. Richter handeln nach Regeln der Urteilsfindung. Diese Regeln schließen Rechtspechung mit ein.
So bitter es ist, wenn der Freispruch nicht fehlerhaft ist, ist dieser Prozess rechtstaatlich ok und villeiht sogar aus menschlicher Sicht.
Bei bestimmten Verfahrensausgängen kann ein Verfahren wieder aufgenommen werden. Das ist hier nicht der Fall.
Wie würdet ihr es sehen, wenn man einen Unschudligen sein Leben lang in der Befürchtung leben lassen würde, dass sein Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden könnte, z.B. auf eine bloße Behauptung hin?
Wir wissen heute so viel mehr als die Richter damals. Entscheidungen werden aber nicht rückwirkend getroffen, sie müssen in der Gegenwart getroffen werden.
Zitat von Mac im Beitrag #7Das Problem ist der rechtskräftige Freispruch, nicht die Verjährung.
Es ist eine Abwägung und wir urteilen nun aus der Haltung der Gewißheit. In anderen Fällen würden wir das Leid beklagen, das man einem Unschuldugen antut.
Es ist ein Fall, wenn auch ein bitterer.
Urteile sind immer von der Überzeugung der Richter abhängig. Kann es da ein objektives Verfahren geben? Nein!
Was auszuschließen ist, ist Willkür. Richter handeln nach Regeln der Urteilsfindung. Diese Regeln schließen Rechtspechung mit ein.
So bitter es ist, wenn der Freispruch nicht fehlerhaft ist, ist dieser Prozess rechtstaatlich ok und villeiht sogar aus menschlicher Sicht.
Bei bestimmten Verfahrensausgängen kann ein Verfahren wieder aufgenommen werden. Das ist hier nicht der Fall.
Wie würdet ihr es sehen, wenn man einen Unschudligen sein Leben lang in der Befürchtung leben lassen würde, dass sein Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden könnte, z.B. auf eine bloße Behauptung hin?
Wir wissen heute so viel mehr als die Richter damals. Entscheidungen werden aber nicht rückwirkend getroffen, sie müssen in der Gegenwart getroffen werden.
"Wie würdet ihr es sehen, wenn man einen Unschudligen sein Leben lang in der Befürchtung leben lassen würde, dass sein Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden könnte, z.B. auf eine bloße Behauptung hin?" wenn dagegen ein "Schuldiger" diesbezüglich betroffen wäre, aber die gleiche Befürchtigung sein Leben lang "auszuhalten" hätte, würde der darunter leiden, höchst-wahrscheinlich ausgestattet mit einer psychisch entsprechenden Skrupellosigkeit?
Entscheidend aus meiner Sicht bleibt die Sicht auf die Möglichkeit, Recht und Gesetz auf die Justizirrtümer, die eintraten und verfiziert werden konnten, korrigieren zu können, im Sinne übergeordneter Gerechtigkeit. Das gilt selbst- ständlich in erster Linie für zu Unrecht Verurteilte, aber auch für jene seltenen Fälle der dem Justizsystem "durchgerutschen" Täter. Im Falle von Morden erst recht.
Zitat von Mac im Beitrag #9Welche Möglichkeit haben wir Justizirrtümer weitestgehend zu verhindern?
Prävention, Fehlervermeidung? das ist freilich ein Thema auch, aber es ist auch ein anderes Thema, über das wir hier bisher nicht gesprochen haben. Hier ging es ja um Korrektur. Um die Zurücknahme von Fehlurteilen. Im Grunde also um das Gegen- teil präventiver Möglichkeiten, weil am anderen Ende der Kette.
Ich hatte dich verstanden. Das Problem ist in diesem Fall, dass man auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen entscheiden musste. Das geht uns im Leben häufig so. Wenn wir dann zusätzliche oder korrigierte Informationen bekommen und unsere Entscheidungen auf DIESER Grundlage überprüfen, kommen wir vielleicht zu anderen Ergebnissen.
Hier der Lebensraum für Klugscheißer. Die nun natürlich alles besser wissen. Ich möchte hier niemanden damit direkt ansprechen, ist nur ein Tick den ich habe, an der Stelle immer dieser Gattung zu gedenken.
Die Richter haben nach Rückverweisung entschieden und der Anwalt auf Revision verzichtet. Ich spreche hier allgemein, ohne die diverse Berichterstattung auszuwerten. Wenn ich falsch liege, dann muss ich mich korrigieren. Mir geht es um die allgemeine Betrachtung. Daher nenne ich die Eckdaten, die meinen Standpunkt beeinflussen.
Es sieht also so aus, als sei alles nach angemessener Abwägung aller Erkenntnisse entschieden worden. Soweit diese Erkenntnisse zur Verfügung standen.
Wenn man einen Angeklagten freispricht, weil man davon überzeugt ist, dass er nicht der Täter ist, muss man ihm auch seine Freiheit komplettt wiedergeben. dazu gehört, dass er ohne die Befürchtung leben können muss plötzlich wieder vor Gericht zu stehen.
Das ist in den Fällen bitter, wo sich später neue Beweise für eine Täterschaft ergeben. Das ist aber in all den anderen Fällen rechtstaatlich und human, wo jemand tatsächlich nicht Täter war.
Würde man hier nun eine Ausnahme machen, hätten wir eine Willkürjustiz.
Es würde noch eine Möglichkeit bestehen, dass man bestimmte Beweise als "absolute Beweise" zulässt, mit denen man JEDEN Fall wieder aufnehmen kann.
Welche sollen das aber sein? Es gibt Beweise, die lange Zeit als unwiderlegbar galten und im Zuge der wissenschaftlichen Entwicklung diesen Status verlieren.
Können wir völlig fehlerfrei handeln?
Was ist schlimmer? Das Leben eines Unschuldigen zu zerstören oder einen Schuldigen laufen zu lassen?
Das Thema ist schwer.
Ich würde aus dem Bauch heraus für eine Wiederaufnahme des Verfahrens stimmen. Aber eben nur aus dem Bauch und der ist keine Grundlage für eine willkürfreie Justiz.
@Mac , mir geht es am allerwenigsten um solche "Klugscheißereien", wie wir sie beide an einem anderen Ort gemeinsam erlebt haben. Vielmehr geht es mir hier darum, dass auch unsere Justiz sich einmal aktualisierte Gedanken über moderne Kriminaltechniken in Zusammenhang mit Verjährungsfristen zu machen hätte, denn Gerechtigkeit funktioniert nicht in Form einer Einbahnstraße. Dort, wo Justizia fehlt, muss sie auch später noch korrigierbar sein, wenn das bewiesen werden konnte. Es kann nicht sein, dass man auf der einen Seite erst später erkannte unschul- dige Täter rehabilitierte und selbstverständlich aus dem Knast entläßt und für die zu Unrecht erteilte Inhaftier- ung - wenn auch nicht angemessen - finanziell entschädigt, während man auf der anderen Seite einen auch später erst ermittelten Mörder lediglich wegen eines Tages länger als dreißig Jahre völlig unbehelligt auf frei- em Fuße läßt. Das entspricht einem Missverhältnis im Sinne von Gleichbehandlung, welches ich nicht nachvollziehen kann.
Hallo, Ich habe mir schon öfters darüber den Kopf zerbrochen wegen der Verjährung der Strafverfolgung bei Mord. Ich bin der Meinung, dass hier ebenso, wie bei Geld-Angelegenheiten; eine hemmende und aufschiebende Wirkung eingebaut werden sollte. Etwa von 5 Jahren! Denn es ist die letzten Jahre desöfteren gewesen, dass Angehörige verbissen kämpfen, wie in dem Fall Möhlmann. Gerade im Falle von zwei verschiedenen Gerichtsurteilen. Oase
darum fragte ich dich, wie es realisiert werden soll.
Unter welchen Umständen muss man Verfahren unverjährbar betreiben können?
Die Justiz ist da weniger als der Gesetzgeber gefragt.
Für welche Delikte gilt das Gebot, dass das Verfahren nur mit dem Schuldspruch beendet werden kann?
Was ist notwendig, um ein solches Verfahren immer aufnehmen zu können?
Überlege einmal ... du siehst einem Mörder ähnlich und wirst als eben dieser von Zeugen identifiziert .... der Täter war aber schlau und hinterließ keine Spuren, also keinen objektiven Beweis ...
....du wirst "freigesprochen", weil zwei Zeugen dich anders beschrieben haben ....
... dann stellt man fest, dass dein Auto zur Tatzeit in Tatortnähe war .... dein Auto, wo du warst ist egal ...
Also 10 Jahre später wird das Verfahren wieder aufgerollt und du wirst erneut angeklagt .... Freispruch, weil man dir nicht nachweisen konnte, dass du auch Nutzer des Fahrzeugs warst ....
Wieder 10 Jahre später erinnert sich ein Nachbar, dass er dich doch ins Haus hat gehen sehen, zumindest, sah der Typ genauso aus wie du ....
Erneute Anklage .....
Was ich damit sagen will ist, bist du einmal im netz, kommst du nicht mehr raus .... dein Leben ist beendet, weil du immer damit rechnen musst, dass man erneut gegen dich ermittelt, obwohl du weißt, dass du unschuldig bist.
Zitat von Oase im Beitrag #13Hallo, Ich habe mir schon öfters darüber den Kopf zerbrochen wegen der Verjährung der Strafverfolgung bei Mord. Ich bin der Meinung, dass hier ebenso, wie bei Geld-Angelegenheiten; eine hemmende und aufschiebende Wirkung eingebaut werden sollte. Etwa von 5 Jahren! Denn es ist die letzten Jahre desöfteren gewesen, dass Angehörige verbissen kämpfen, wie in dem Fall Möhlmann. Gerade im Falle von zwei verschiedenen Gerichtsurteilen. Oase
Es gibt hemmende und aufschiebende Wirkungen für Verjährungen.
Die kommen in diesem Fall aber nicht zum Tragen .... Mord verjährt NIE ... hier verhindert der Freispruch eine erneute Anklage.